An die Nachwelt

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Aus Zügen geworfen, unter der Erde verscharrt, in Thermoskannen versteckt – die letzten Nachrichten und Zeitzeugnisse von NS-Opfern gegen das Vergessen bilden einen Atlas der Individualität. Wir werden die Dimension des Holocaust nicht begreifen ohne den Blick darauf, wer vernichtet wurde. Wir müssen die Aufzeichnungen bergen, wiederbeleben und weitergeben. Sie sind der Imperativ des Humanismus: Seht die Menschen!
Wir müssen das Böse fürchten lernen. Es war möglich. Es ist möglich. Es bleibt möglich. Vergessen nimmt uns die Angst – vor den Möglichkeiten der Politik.

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03. Februar 1944
[unbekannt]
Liebe Eltern! Ich muss Euch eine traurige Nachricht mitteilen, dass ich zum Tode verurteilt wurde, ich und Gustav G. Wir haben es nicht unterschrieben zur SS, da haben sie uns zum Tode verurteilt. Ihr habt mir doch geschrieben, ich soll nicht zur SS gehen, mein Kamerad Gustav G. hat es auch nicht unterschrieben. Wir beide wollen lieber sterben als unser Gewissen mit so Gräueltaten beflecken. Ich weiß, was die SS ausführen muss. Ach, liebe Eltern, so schwer es für mich ist und für Euch ist, verzeiht mir alles, wenn ich Euch beleidigt habe, bitte, verzeiht mir und betet für mich. Wenn ich im Kriege fallen würde und hätte ein böses Gewissen, das wäre auch traurig für Euch. Es werden noch viele Eltern ihre Kinder verlieren. Es fallen SS-Männer auch viel. Ich danke Euch für alles, was Ihr mir seit meiner Kindheit Gutes getan habt, verzeiht mir, betet für mich…
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[unbekannt] 03. Februar 1944 Liebe Eltern! Ich muss Euch eine traurige Nachricht mitteilen, dass ich zum Tode verurteilt wurde, ich und Gustav G. Wir haben es nicht unterschrieben zur SS, da haben sie uns zum Tode verurteilt. Ihr habt mir doch geschrieben, ich soll nicht zur SS gehen, mein Kamerad Gustav G. hat es auch nicht unterschrieben. Wir beide wollen lieber sterben als unser Gewissen mit so Gräueltaten beflecken. Ich weiß, was die SS ausführen muss. Ach, liebe Eltern, so schwer es für mich ist und für Euch ist, verzeiht mir alles, wenn ich Euch beleidigt habe, bitte, verzeiht mir und betet für mich. Wenn ich im Kriege fallen würde und hätte ein böses Gewissen, das wäre auch traurig für Euch. Es werden noch viele Eltern ihre Kinder verlieren. Es fallen SS-Männer auch viel. Ich danke Euch für alles, was Ihr mir seit meiner Kindheit Gutes getan habt, verzeiht mir, betet für mich…
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Nachwort

Ich habe Angst vor Menschen – ich habe vor nichts solche Angst wie vor Menschen. Wie gut und wie böse sie werden können, dafür gibt es kein Maß, keine Basis, keine Sicherheit.

[…] Hier waren aber kleine Beamte, Handwerker, junge Mädchen, Frauen. Die ganze Bosheit, die ihnen innewohnte, hätte sich unter anderen Umständen höchstens in Tratsch, Übervorteilen, Tyrannei im Familienkreis und dergleichen ausgelebt.

Grete Salus