An die Nachwelt

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Nachwort
01. März 1945
Cäsar Horn
Den Freunden gebührt zuerst mein aufrichtiger Dank, soweit sie sich in der Zeit der furchtbarsten Not meiner über alles geliebten Frau und Kinder in wirklich aufopferungsvoller Fürsorge angenommen haben und ihnen durch Zuspruch und Trost das allzu harte Schicksal tragen halfen. Lasst meine letzte Bitte an Euch, Ihr Freunde, zur Sorge werden: Helft meiner Frau und meinen Kindern einen neuen Weg ins Leben finden, beweist ihnen gegenüber wahre Brüderlichkeit, dann handelt Ihr in meinem Sinne. Mein geliebtes Irmchen, meine gute Kameradin auf meinem letzten Wege! Durch unsere Liebe, durch Dich habe ich die größte Köstlichkeit empfangen, ein neues Leben, unseren Jungen. Wir haben ein junges Blümchen gepflanzt, möge nun der dunkle Schatten, der über Dich fällt, es nicht..., damit es etwa gar früh zu welken anfängt. Du bist wie der starke Baum, an dem sich der Keimling hält und emporwachsen kann, aber sieh, dass Du es trotzdem von Dir hältst und es selbst zum festen, schmiegsamen Stämmchen wird, mit festen Wurzeln in der dauernden wohlgegründeten Erde ruhen würde, damit Du Dich selbst einmal daran festhalten und aufrichten kannst. Gib ihm diesen Ausdruck Goethescher Welt und Weltschauens immer mit auf den Weg: Geh! gehorche meinen Winken, nutze deine jungen Tage, lerne zeitig klüger sein; Auf des Glückes großer Waage steht die Zunge selten ein; du musst steigen oder sinken, du musst herrschen und gewinnen oder dienen und verlieren, leiden oder triumphieren, Amboss oder Hammer sein. Die kommende Zeit wird unsere Kinder zu dialektisch veranlagten Menschen erziehen, dessen bin ich gewiss. Wir wollten sie darauf mit unserer geringen Bildung vorbereiten. Nun ist diese Kraft durch meinen Abschied geteilt. Lass später einmal alles, woran wir uns nur ahnend und strebend anlehnen konnten, zum Inhalt ihres Lebens werden: Musik, Bücher, das, was ist, das Schöne, das Gute und die Liebe. Und deshalb sei alles, was uns beiden in unserer Zusammenarbeit Inhalt des Lebens war, nun auch ihr Eigentum, auch Anhalt zu meinem Gedenken. Im Kreis der ganz wenigen Freunde möge Dir Hilfe und wahre Menschenliebe zuteil werden. Leb wohl! Dein Cäsar
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Cäsar Horn 01. März 1945 Den Freunden gebührt zuerst mein aufrichtiger Dank, soweit sie sich in der Zeit der furchtbarsten Not meiner über alles geliebten Frau und Kinder in wirklich aufopferungsvoller Fürsorge angenommen haben und ihnen durch Zuspruch und Trost das allzu harte Schicksal tragen halfen. Lasst meine letzte Bitte an Euch, Ihr Freunde, zur Sorge werden: Helft meiner Frau und meinen Kindern einen neuen Weg ins Leben finden, beweist ihnen gegenüber wahre Brüderlichkeit, dann handelt Ihr in meinem Sinne. Mein geliebtes Irmchen, meine gute Kameradin auf meinem letzten Wege! Durch unsere Liebe, durch Dich habe ich die größte Köstlichkeit empfangen, ein neues Leben, unseren Jungen. Wir haben ein junges Blümchen gepflanzt, möge nun der dunkle Schatten, der über Dich fällt, es nicht..., damit es etwa gar früh zu welken anfängt. Du bist wie der starke Baum, an dem sich der Keimling hält und emporwachsen kann, aber sieh, dass Du es trotzdem von Dir hältst und es selbst zum festen, schmiegsamen Stämmchen wird, mit festen Wurzeln in der dauernden wohlgegründeten Erde ruhen würde, damit Du Dich selbst einmal daran festhalten und aufrichten kannst. Gib ihm diesen Ausdruck Goethescher Welt und Weltschauens immer mit auf den Weg: Geh! gehorche meinen Winken, nutze deine jungen Tage, lerne zeitig klüger sein; Auf des Glückes großer Waage steht die Zunge selten ein; du musst steigen oder sinken, du musst herrschen und gewinnen oder dienen und verlieren, leiden oder triumphieren, Amboss oder Hammer sein. Die kommende Zeit wird unsere Kinder zu dialektisch veranlagten Menschen erziehen, dessen bin ich gewiss. Wir wollten sie darauf mit unserer geringen Bildung vorbereiten. Nun ist diese Kraft durch meinen Abschied geteilt. Lass später einmal alles, woran wir uns nur ahnend und strebend anlehnen konnten, zum Inhalt ihres Lebens werden: Musik, Bücher, das, was ist, das Schöne, das Gute und die Liebe. Und deshalb sei alles, was uns beiden in unserer Zusammenarbeit Inhalt des Lebens war, nun auch ihr Eigentum, auch Anhalt zu meinem Gedenken. Im Kreis der ganz wenigen Freunde möge Dir Hilfe und wahre Menschenliebe zuteil werden. Leb wohl! Dein Cäsar
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