An die Nachwelt

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14. September 1942
Georg Lechleiter
Es ist nun 10 Uhr abends, früh um 5 Uhr wird das Urteil vollstreckt werden. Sammelt also Euren Geist, wenn Ihr diese letzten Zeilen von mir lest und mit mir den stillen Ernst des Augenblicks erlebt, denn der Hauch eines Sterbenden, das Echo eines Toten grüßt Euch aus ihnen; aus ihnen steigt mein bleiches Bild meiner letzten Stunden, meines letzten Bekenntnisses. Den letzten Eindruck meines Erdendaseins zu erhaschen und zu bewahren war Euch nicht vergönnt. Versteht, alles was ich sehe, höre, denke, fühle, geschieht aus dem Gesichtspunkte: wie lange noch werde ich sein? Nun hat diese Qual ein Ende. Der Gedanke an den nahen Tod schreckt mich nicht. Ein Mensch, der nicht fähig ist, sich für eine Idee aufzuopfern, gleich welcher Art, ist einem höheren Sinn nach kein Mensch. Liebe Anny! Du warst bisher tapfer, und ich darf wohl annehmen, dass auch über diese Klippe Dich Deine Kräfte hinwegsteuern werden. Im Übrigen danke ich Dir noch einmal für alle Liebe und sorgende Treue, die ich von Dir empfangen durfte. Im Übrigen habe ich ja alles besprochen, was ich noch auf dem Herzen hatte. Was mit meiner Leiche geschieht, weiß ich nicht. Jedenfalls möchte ich auf meinem Grabe keinen andern Schmuck als Stechpalmen.
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Georg Lechleiter 14. September 1942 Es ist nun 10 Uhr abends, früh um 5 Uhr wird das Urteil vollstreckt werden. Sammelt also Euren Geist, wenn Ihr diese letzten Zeilen von mir lest und mit mir den stillen Ernst des Augenblicks erlebt, denn der Hauch eines Sterbenden, das Echo eines Toten grüßt Euch aus ihnen; aus ihnen steigt mein bleiches Bild meiner letzten Stunden, meines letzten Bekenntnisses. Den letzten Eindruck meines Erdendaseins zu erhaschen und zu bewahren war Euch nicht vergönnt. Versteht, alles was ich sehe, höre, denke, fühle, geschieht aus dem Gesichtspunkte: wie lange noch werde ich sein? Nun hat diese Qual ein Ende. Der Gedanke an den nahen Tod schreckt mich nicht. Ein Mensch, der nicht fähig ist, sich für eine Idee aufzuopfern, gleich welcher Art, ist einem höheren Sinn nach kein Mensch. Liebe Anny! Du warst bisher tapfer, und ich darf wohl annehmen, dass auch über diese Klippe Dich Deine Kräfte hinwegsteuern werden. Im Übrigen danke ich Dir noch einmal für alle Liebe und sorgende Treue, die ich von Dir empfangen durfte. Im Übrigen habe ich ja alles besprochen, was ich noch auf dem Herzen hatte. Was mit meiner Leiche geschieht, weiß ich nicht. Jedenfalls möchte ich auf meinem Grabe keinen andern Schmuck als Stechpalmen.
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