An die Nachwelt

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Juli 1941
Kazimierz Sakowicz
Das Wetter ist recht schön, warm, weiße Wolken, Wind. Es ist der 11. Juli – vom Wald (kommen) Schüsse. Anscheinend finden dort Übungen statt, da sich im Wald, auf dem Weg zum Dorf Nowosiólki, ein Munitionsdepot befindet. Es ist etwa vier Uhr nachmittags. Die Schüsse dauern eine Stunde, zwei Stunden. Auf der Grodzienka erfahre ich, dass man viele Juden in den Wald getrieben hat. Und plötzlich schießt man auf sie. Es war der erste Tag der Erschießungen. Ein belastender Eindruck. Die Schüsse verstummten nach acht Uhr abends, danach gab es keine Salven mehr, sondern nur einzelne Schüsse. Es wurden 200 Juden gesehen. Auf der Grodzienka steht ein litauischer Militärposten, der die Passanten überprüft. Am nächsten Tag, dem 12. Juli, am Samstag, wissen wir bereits, was das bedeutet, als um circa drei Uhr nachmittags eine große Gruppe von Juden – ungefähr 300 Leute – in den Wald geführt wird. Überwiegend Intelligenz, gut gekleidet, mit Koffern, bekannt aus dem Wirtschaftsleben. Eine Stunde später begannen die Gewehrsalven. Es wurden jeweils 10 Personen auf einmal erschossen. Man zog ihnen die Mäntel Mützen und Schuhe aus (aber nicht die Hosen!). Weitere Erschießungen fanden an folgenden Tagen statt: 13., 14., 15., 16., 17., 18. Juli und am Samstag, den 19. Juli. Es schießen Sraulis, junge Burschen zwischen 17 und 25 Jahren. Im Haus von Juchniewicz hat sich ein Militärposten eingenistet, der die Gegend bewacht. Eine Gruppe von Juden (5 Personen) geht zum Posten, holt sich Schaufeln. Es zeigt sich, sie werden die gestern Erschossenen (mit Erde) bedecken. So geht es die ganze Woche. Dann wird der Militärposten bei Juchniewicas geräumt. Nur Sanlisi schießen und halten Wache. August 1941 Man erschoss am 1. und 2. August Gruppen von jeweils mehr als 300 Personen. Kiejzik nistete sich bei Wereszka ein. Piotr Kiejzik, ein (ehemaliger) Zögling aus dem litauischen Kinderheim von Pater Bieliauskas in Zarzecze, wütet. Kiejzik, [ist als] Dieb [bekannt], er beraubte die Druckerei der Ruch in Podbrodzie. Er schleppt Kleider nach 9 Uhr abends, wenn ihn niemand sieht, da man um diese Zeit nicht ausgehen darf. Die Leute, die Kleider anbringen, kommen an uns vorbei. Einen von ihnen frage ich, ob er mir die Kartoffeln, die er im Sack auf dem Rücken trägt, nicht verkaufen könne. Er geht wortlos weiter zu Wereszka. Kiejzik erpresst die Juden in Ponary, wie etwa die Familien Ponas und Szapiro. Ponas raubte er ein Radio und, so wie ich hörte, auch viele andere Sachen. Er dringt eigenmächtig in die Häuser ein, mit dem Vorwand nach Waffen [zu suchen] und trägt anschließend Kleidung heraus. Für die Deutschen bedeuten 300 Juden 300 Feinde der Menschheit, für die Litauer sind es 300 Paar Schuhe, 300 Hosen usw. Vom 3. bis einschließlich 5. August wurde nicht geschossen.
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Kazimierz Sakowicz Juli 1941 Das Wetter ist recht schön, warm, weiße Wolken, Wind. Es ist der 11. Juli – vom Wald (kommen) Schüsse. Anscheinend finden dort Übungen statt, da sich im Wald, auf dem Weg zum Dorf Nowosiólki, ein Munitionsdepot befindet. Es ist etwa vier Uhr nachmittags. Die Schüsse dauern eine Stunde, zwei Stunden. Auf der Grodzienka erfahre ich, dass man viele Juden in den Wald getrieben hat. Und plötzlich schießt man auf sie. Es war der erste Tag der Erschießungen. Ein belastender Eindruck. Die Schüsse verstummten nach acht Uhr abends, danach gab es keine Salven mehr, sondern nur einzelne Schüsse. Es wurden 200 Juden gesehen. Auf der Grodzienka steht ein litauischer Militärposten, der die Passanten überprüft. Am nächsten Tag, dem 12. Juli, am Samstag, wissen wir bereits, was das bedeutet, als um circa drei Uhr nachmittags eine große Gruppe von Juden – ungefähr 300 Leute – in den Wald geführt wird. Überwiegend Intelligenz, gut gekleidet, mit Koffern, bekannt aus dem Wirtschaftsleben. Eine Stunde später begannen die Gewehrsalven. Es wurden jeweils 10 Personen auf einmal erschossen. Man zog ihnen die Mäntel Mützen und Schuhe aus (aber nicht die Hosen!). Weitere Erschießungen fanden an folgenden Tagen statt: 13., 14., 15., 16., 17., 18. Juli und am Samstag, den 19. Juli. Es schießen Sraulis, junge Burschen zwischen 17 und 25 Jahren. Im Haus von Juchniewicz hat sich ein Militärposten eingenistet, der die Gegend bewacht. Eine Gruppe von Juden (5 Personen) geht zum Posten, holt sich Schaufeln. Es zeigt sich, sie werden die gestern Erschossenen (mit Erde) bedecken. So geht es die ganze Woche. Dann wird der Militärposten bei Juchniewicas geräumt. Nur Sanlisi schießen und halten Wache. August 1941 Man erschoss am 1. und 2. August Gruppen von jeweils mehr als 300 Personen. Kiejzik nistete sich bei Wereszka ein. Piotr Kiejzik, ein (ehemaliger) Zögling aus dem litauischen Kinderheim von Pater Bieliauskas in Zarzecze, wütet. Kiejzik, [ist als] Dieb [bekannt], er beraubte die Druckerei der Ruch in Podbrodzie. Er schleppt Kleider nach 9 Uhr abends, wenn ihn niemand sieht, da man um diese Zeit nicht ausgehen darf. Die Leute, die Kleider anbringen, kommen an uns vorbei. Einen von ihnen frage ich, ob er mir die Kartoffeln, die er im Sack auf dem Rücken trägt, nicht verkaufen könne. Er geht wortlos weiter zu Wereszka. Kiejzik erpresst die Juden in Ponary, wie etwa die Familien Ponas und Szapiro. Ponas raubte er ein Radio und, so wie ich hörte, auch viele andere Sachen. Er dringt eigenmächtig in die Häuser ein, mit dem Vorwand nach Waffen [zu suchen] und trägt anschließend Kleidung heraus. Für die Deutschen bedeuten 300 Juden 300 Feinde der Menschheit, für die Litauer sind es 300 Paar Schuhe, 300 Hosen usw. Vom 3. bis einschließlich 5. August wurde nicht geschossen.
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