An die Nachwelt

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04. Mai 1943
Klaartje de Zwarte-Walvisch
Gestern ist nichts Besonderes passiert. Am Mittag war ich kurz mit meiner Freundin in der Baracke für die alten Leute, aber was sich dort abspielt, ist mehr als traurig. Die alten Leute sterben dort in Massen. Die Barackenleiterin, eine Bekannte von mir, erzählte mir das eine oder andere. Sie bestehlen einander wie die Raben. Nachts decken sie sich mit Kleidungsstücken zu, die sie sich gegenseitig wegnehmen. Ein trauriger Anblick, wenn man sieht, wie die Alten so versuchen, das Nötigste zusammenzuraffen. Und immer wieder drängt sich mir die Frage auf, wozu das alles nötig ist. Wofür müssen diese armen Menschen büßen? Was haben sie Schlimmes getan? Der Obersturmführer kam herein, und als „Achtung“ gerufen wurde, zitterten die alten Frauen vor Angst. Unter ihnen gibt es einige, die ganz aufgeweckt sind und genau wissen, wie es um sie steht. Aber das sind nicht so viele. [...] Ich hoffe inständig, dass alles, was ich hier aufgeschrieben habe, einmal die Außenwelt erreicht. Nicht um Propaganda zu betreiben, sondern nur, damit diejenigen, die von diesen Zuständen nichts wissen (und davon gibt es noch genug), davon erfahren. Wenn es einmal so weit kommt, dann kehren wir zumindest wieder in die Gesellschaft zurück. Für heute höre ich auf, denn gleich müssen wir zum Appell antreten. Diese Aufzeichnungen muss ich gut aufbewahren; ich darf gar nicht daran denken, was passiert, falls sie dieses Büchlein finden.
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Klaartje de Zwarte-Walvisch 04. Mai 1943 Gestern ist nichts Besonderes passiert. Am Mittag war ich kurz mit meiner Freundin in der Baracke für die alten Leute, aber was sich dort abspielt, ist mehr als traurig. Die alten Leute sterben dort in Massen. Die Barackenleiterin, eine Bekannte von mir, erzählte mir das eine oder andere. Sie bestehlen einander wie die Raben. Nachts decken sie sich mit Kleidungsstücken zu, die sie sich gegenseitig wegnehmen. Ein trauriger Anblick, wenn man sieht, wie die Alten so versuchen, das Nötigste zusammenzuraffen. Und immer wieder drängt sich mir die Frage auf, wozu das alles nötig ist. Wofür müssen diese armen Menschen büßen? Was haben sie Schlimmes getan? Der Obersturmführer kam herein, und als „Achtung“ gerufen wurde, zitterten die alten Frauen vor Angst. Unter ihnen gibt es einige, die ganz aufgeweckt sind und genau wissen, wie es um sie steht. Aber das sind nicht so viele. [...] Ich hoffe inständig, dass alles, was ich hier aufgeschrieben habe, einmal die Außenwelt erreicht. Nicht um Propaganda zu betreiben, sondern nur, damit diejenigen, die von diesen Zuständen nichts wissen (und davon gibt es noch genug), davon erfahren. Wenn es einmal so weit kommt, dann kehren wir zumindest wieder in die Gesellschaft zurück. Für heute höre ich auf, denn gleich müssen wir zum Appell antreten. Diese Aufzeichnungen muss ich gut aufbewahren; ich darf gar nicht daran denken, was passiert, falls sie dieses Büchlein finden.
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