An die Nachwelt

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[undatiert]
Nikolaus von Halem
Liebste, Arme, dass Du diesen Schmerz erleben musst! Jetzt kommt der Herbst, möge er Dir nicht das Herz brechen. Ich schreibe dies zwei Tage vor der Verhandlung auf alles gefasst und in großer innerer Ruhe. Wie tröstlich ist die Aussicht, dass meine Leiden bald zu Ende sein werden. Nur dass die Euren dann erst wahrhaftig beginnen und fortdauern, bedrückt und quält mich. [...] Wenn die Wogen sich einmal wieder geglättet haben und Ihr für mich – vielleicht an Vaters Grab – ein Erinnerungszeichen anbringen lasst, so fügt dazu den Spruch, der mich schon als Kind wie aus Weltentiefen angerührt hat: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Er steht im Jesaias, wo, weiß ich nicht aus dem Kopf. Ich glaube, dass der Krieg zu Ende dieses oder zu Anfang des nächsten Jahres zu Ende gehen wird. Ach, könnte ich doch, wie Moses auf das gelobte Land, noch auf eine helle Zukunft für Euch Alle, wenigstens aus der Ferne, blicken. Nun adieu, meine Liebste, von Herzen Liebe! Nach soviel Worten scheint mir das Eigentliche noch immer ungesagt. Aber es ist eben unaussprechlich. Lassen wir es stumm in unseren Herzen, wo wir seiner gegenseitig unaussprechlich sicher sind. Nochmals adieu! Glaube nicht, dass Du mich verlierst. Dank, tausendfachen Dank, innigste Liebe und Zärtlichkeit fasse ich zusammen in einen letzten Kuss. Dein Sohn
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Reiner Text
Nikolaus von Halem [undatiert] Liebste, Arme, dass Du diesen Schmerz erleben musst! Jetzt kommt der Herbst, möge er Dir nicht das Herz brechen. Ich schreibe dies zwei Tage vor der Verhandlung auf alles gefasst und in großer innerer Ruhe. Wie tröstlich ist die Aussicht, dass meine Leiden bald zu Ende sein werden. Nur dass die Euren dann erst wahrhaftig beginnen und fortdauern, bedrückt und quält mich. [...] Wenn die Wogen sich einmal wieder geglättet haben und Ihr für mich – vielleicht an Vaters Grab – ein Erinnerungszeichen anbringen lasst, so fügt dazu den Spruch, der mich schon als Kind wie aus Weltentiefen angerührt hat: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Er steht im Jesaias, wo, weiß ich nicht aus dem Kopf. Ich glaube, dass der Krieg zu Ende dieses oder zu Anfang des nächsten Jahres zu Ende gehen wird. Ach, könnte ich doch, wie Moses auf das gelobte Land, noch auf eine helle Zukunft für Euch Alle, wenigstens aus der Ferne, blicken. Nun adieu, meine Liebste, von Herzen Liebe! Nach soviel Worten scheint mir das Eigentliche noch immer ungesagt. Aber es ist eben unaussprechlich. Lassen wir es stumm in unseren Herzen, wo wir seiner gegenseitig unaussprechlich sicher sind. Nochmals adieu! Glaube nicht, dass Du mich verlierst. Dank, tausendfachen Dank, innigste Liebe und Zärtlichkeit fasse ich zusammen in einen letzten Kuss. Dein Sohn
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