An die Nachwelt

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[undatiert]
Walter Husemann
Mein lieber Vater! Sei stark! Ich sterbe, als was ich gelebt habe: als Klassenkämpfer! Es ist leicht, sich Kommunist zu nennen, solange man nicht dafür zu bluten hat. Ob man wirklich einer war, beweist man erst, wenn die Stunde der Bewährung gekommen ist. Ich bin es, Vater. Ich leide nicht, Vater, glaube mir das! Ich gönne keinem, mich schwach zu sehen. Anständig aus dem Leben zu gehen, das ist die letzte Aufgabe, die ich mir gestellt habe. Erweise Dich Deines Sohnes würdig! Überwinde den Schmerz! Du hast noch Deine Aufgabe zu erfüllen. Du hast sie doppelt und dreifach zu erfüllen, denn Deine Söhne sind nicht mehr. Armer Vater, aber auch glücklicher Vater, der seiner Idee das Beste opfern musste, das er zu geben hatte. Der Krieg wird nicht mehr lange dauern – und dann ist Eure Stunde gekommen. Denkt an alle, die den Weg schon gegangen sind und ihn noch gehen werden, den ich heute gehen muss – und lernt eines von den Nazis: jede Schwäche wird mit Hekatomben von Blut bezahlt werden. Deshalb seid unerbittlich. Bleibe hart! Ich habe nichts zu bereuen im Leben, höchstens, nicht genug getan zu haben! Mein Tod wird aber auch wohl die versöhnen, die mit mir nicht immer einverstanden waren. Ach Vater, Vater, Du Lieber, Guter. Wenn ich nicht fürchten müsste, dass Du unter meinem Tod zusammenbrichst. Hart bleiben, hart, hart! Beweise jetzt, dass Du aus innerstem Herzen Dein Leben lang Klassenkämpfer warst. Helfe ihm, Frieda, richte ihn auf! Er darf nicht zugrunde gehen! Sein Leben gehört nicht ihm, sondern der Bewegung! Jetzt tausendmal mehr als bisher. Jetzt muss er beweisen, dass seine Überzeugung nicht in einem romantischen Ideal, sondern in unerbittlicher Notwendigkeit wurzelt. Grüßt alle Bekannten und Freunde. Ich will sie nicht mit Namen nennen. Aber ich drücke noch jedem einzelnen in Gedanken die Hand und danke für alle Liebe und alles Gute. Sorge für Marta! Sie ist Eure Tochter. Sie wird es Euch leichter ertragen lassen, dass ich nicht mehr bin. Ich sterbe leicht, weil ich weiß, warum ich sterben muss. Die mich töten, werden in nicht so langer Zeit einen schwereren Tod haben. Das ist meine Überzeugung. Hart bleiben, Vater! Hart! Nicht nachgeben! Denke in jeder schwachen Stunde an diese letzte Forderung Deines Sohnes Walter
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Walter Husemann [undatiert] Mein lieber Vater! Sei stark! Ich sterbe, als was ich gelebt habe: als Klassenkämpfer! Es ist leicht, sich Kommunist zu nennen, solange man nicht dafür zu bluten hat. Ob man wirklich einer war, beweist man erst, wenn die Stunde der Bewährung gekommen ist. Ich bin es, Vater. Ich leide nicht, Vater, glaube mir das! Ich gönne keinem, mich schwach zu sehen. Anständig aus dem Leben zu gehen, das ist die letzte Aufgabe, die ich mir gestellt habe. Erweise Dich Deines Sohnes würdig! Überwinde den Schmerz! Du hast noch Deine Aufgabe zu erfüllen. Du hast sie doppelt und dreifach zu erfüllen, denn Deine Söhne sind nicht mehr. Armer Vater, aber auch glücklicher Vater, der seiner Idee das Beste opfern musste, das er zu geben hatte. Der Krieg wird nicht mehr lange dauern – und dann ist Eure Stunde gekommen. Denkt an alle, die den Weg schon gegangen sind und ihn noch gehen werden, den ich heute gehen muss – und lernt eines von den Nazis: jede Schwäche wird mit Hekatomben von Blut bezahlt werden. Deshalb seid unerbittlich. Bleibe hart! Ich habe nichts zu bereuen im Leben, höchstens, nicht genug getan zu haben! Mein Tod wird aber auch wohl die versöhnen, die mit mir nicht immer einverstanden waren. Ach Vater, Vater, Du Lieber, Guter. Wenn ich nicht fürchten müsste, dass Du unter meinem Tod zusammenbrichst. Hart bleiben, hart, hart! Beweise jetzt, dass Du aus innerstem Herzen Dein Leben lang Klassenkämpfer warst. Helfe ihm, Frieda, richte ihn auf! Er darf nicht zugrunde gehen! Sein Leben gehört nicht ihm, sondern der Bewegung! Jetzt tausendmal mehr als bisher. Jetzt muss er beweisen, dass seine Überzeugung nicht in einem romantischen Ideal, sondern in unerbittlicher Notwendigkeit wurzelt. Grüßt alle Bekannten und Freunde. Ich will sie nicht mit Namen nennen. Aber ich drücke noch jedem einzelnen in Gedanken die Hand und danke für alle Liebe und alles Gute. Sorge für Marta! Sie ist Eure Tochter. Sie wird es Euch leichter ertragen lassen, dass ich nicht mehr bin. Ich sterbe leicht, weil ich weiß, warum ich sterben muss. Die mich töten, werden in nicht so langer Zeit einen schwereren Tod haben. Das ist meine Überzeugung. Hart bleiben, Vater! Hart! Nicht nachgeben! Denke in jeder schwachen Stunde an diese letzte Forderung Deines Sohnes Walter
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