An die Nachwelt

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[undatiert]
Witold Pilecki
Ich würde gerne etwas dazu sagen, wie ich mich fühlte, als ich wieder unter den Lebenden zurück war, und zwar von einem Ort, von dem man tatsächlich sagen konnte, dass derjenige, der dort eintritt, stirbt, und wer wieder herauskommt, neugeboren wird. Welchen Eindruck machten jetzt die Menschen auf mich, nicht die Besten oder Schlechtesten, sondern die durchschnittliche Masse, unter die ich als Neugeborener jetzt wieder trat? Manchmal war es mir, als wanderte ich durch ein großes Haus und öffnete plötzlich die Tür zu einem Zimmer, in dem Kinder spielten: Ach, wie schön sie spielen, die Kinder… Ja, der Abstand zwischen dem, was uns wichtig war, und dem, was die vor sich hinlebende große Masse für wichtig hält, war einfach zu groß.  Aber das ist noch nicht alles. Inzwischen hatte sich überall nur zu offensichtlich eine bestimmte Art Ehrenhaftigkeit ausgebreitet. Eine zerstörerische Kraft war am Werk, die die Grenze zwischen Lüge und Wahrheit aufheben wollte, und jeder konnte es sehen. Die Wahrheit war so elastisch geworden, dass sie sich dehnen ließ, um alles zu überdecken, das man lieber verbergen wollte. Die Grenze zwischen Ehrenhaftigkeit und allgemeiner Ehrlosigkeit war sorgfältig verwischt worden. Was ich auf den vorliegenden wenigen Dutzend Seiten niedergelegt habe, ist unwichtig, besonders für jene, die sie nur zur Unterhaltung lesen, aber ich würde gerne in größeren Buchstaben, als sie eine Schreibmaschine aufweist, für all jene hinzufügen, die unter ihren sorgfältig gezogenen Scheiteln nur das sprichwörtliche Sägemehl haben und die ihren Müttern für einen Kopf danken müssen, der so geformt ist, dass das Sägemehl nicht herausrieselt: Denkt einen Moment über euer eigenes Leben nach, schaut euch um und beginnt euren eigenen Kampf gegen die Falschheit, gegen die Lügen und die Selbstsucht, die uns so kunstvoll als nicht nur wichtig und wahr, sondern als eine große Sache vorgeführt werden.
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Reiner Text
Witold Pilecki [undatiert] Ich würde gerne etwas dazu sagen, wie ich mich fühlte, als ich wieder unter den Lebenden zurück war, und zwar von einem Ort, von dem man tatsächlich sagen konnte, dass derjenige, der dort eintritt, stirbt, und wer wieder herauskommt, neugeboren wird. Welchen Eindruck machten jetzt die Menschen auf mich, nicht die Besten oder Schlechtesten, sondern die durchschnittliche Masse, unter die ich als Neugeborener jetzt wieder trat? Manchmal war es mir, als wanderte ich durch ein großes Haus und öffnete plötzlich die Tür zu einem Zimmer, in dem Kinder spielten: Ach, wie schön sie spielen, die Kinder… Ja, der Abstand zwischen dem, was uns wichtig war, und dem, was die vor sich hinlebende große Masse für wichtig hält, war einfach zu groß.  Aber das ist noch nicht alles. Inzwischen hatte sich überall nur zu offensichtlich eine bestimmte Art Ehrenhaftigkeit ausgebreitet. Eine zerstörerische Kraft war am Werk, die die Grenze zwischen Lüge und Wahrheit aufheben wollte, und jeder konnte es sehen. Die Wahrheit war so elastisch geworden, dass sie sich dehnen ließ, um alles zu überdecken, das man lieber verbergen wollte. Die Grenze zwischen Ehrenhaftigkeit und allgemeiner Ehrlosigkeit war sorgfältig verwischt worden. Was ich auf den vorliegenden wenigen Dutzend Seiten niedergelegt habe, ist unwichtig, besonders für jene, die sie nur zur Unterhaltung lesen, aber ich würde gerne in größeren Buchstaben, als sie eine Schreibmaschine aufweist, für all jene hinzufügen, die unter ihren sorgfältig gezogenen Scheiteln nur das sprichwörtliche Sägemehl haben und die ihren Müttern für einen Kopf danken müssen, der so geformt ist, dass das Sägemehl nicht herausrieselt: Denkt einen Moment über euer eigenes Leben nach, schaut euch um und beginnt euren eigenen Kampf gegen die Falschheit, gegen die Lügen und die Selbstsucht, die uns so kunstvoll als nicht nur wichtig und wahr, sondern als eine große Sache vorgeführt werden.
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